Die ehemalige Flüchtlingsunterkunft, betrieben vom DRK Görlitz an der B 6, ist jetzt ein Anlaufpunkt für Touristen geworden. Ende 2017 zogen die Flüchtlinge aus. Dann stand das „Motel Schlesierland“ – wie das Areal früher einmal hieß – eine Weile leer. Iryna und Matthias Mersiovsky kauften das Objekt am Markersdorfer „Kanonenbusch“ vor knapp drei Jahren von der Bauen und Wohnen Reichenbach, einer Tochtergesellschaft der Stadt. Und sie haben mit viel Eigenleistung losgelegt. Am ersten Aprilwochenende öffnete eine neue Gaststätte an der Bundesstraße.
Damit erfüllt sich für die 41-Jährige ein langgehegter Traum. Iryna Mersiovsky stammt aus der Ukraine, kam bereits vor 14 Jahren „der Liebe wegen“, wie sie sagt, nach Deutschland. In der Ukraine arbeitete sie als Physiotherapeutin, schulte in ihrer neuen Heimat Deutschland in der Gastronomiebranche um. Ihr erster Arbeitsplatz in der Region war in Löbau in der Turmgaststätte auf dem Löbauer Berg, zuletzt arbeitete sie als Angestellte im „Gut am See“ im Görlitzer Ortsteil Tauchritz. „So konnte ich viele Erfahrungen in der Gastronomie sammeln“, sagt Iryna Mersiovsky, die perfekt die deutsche Sprache spricht. Ihr Mann Matthias, der in Löbau eine Versicherungsagentur betreibt, hat sie in ihrem Schritt, selbst eine Gaststätte zu leiten, sehr unterstützt. „Ich möchte nun selber durchstarten“, freut sich die junge Frau auf die neue Herausforderung.
Bereits jetzt landen die ersten Buchungsanfragen für Familienfeiern, Jugendweihen, Klassentreffen und mehr beim „Naturpark Kanone“ auf dem Rezeptions-Schreibtisch. Es habe sich schnell herumgesprochen, dass eine Gaststätte an der Strecke zwischen Reichenbach und Görlitz eröffnet. Die Speisekarte ist vorerst für die deutsche Küche ausgelegt, wobei Iryna Mersiovsky in Zukunft ebenso ukrainische und polnische Küche anbieten möchte. Die Geschäftsführerin zeigt sich da so oder so offen. Wichtig ist ihr die Regionalität bei den Zutaten. Die Kartoffeln beispielsweise stammen von den hiesigen Feldern, Landwirte, heimische Bauern liefern das Fleisch.
Dass im ehemaligen Haupthaus neuerdings gekocht und auf den grünen und gelben Samtpolsterstühlen Speisen genossen werden können, war allerdings für die Familie nicht ganz so leicht zu bewerkstelligen. Denn Kredite gab es keine, die Investitionen erfolgten in Eigenregie, für die Umbauarbeiten krempelten Mersiovskys zusammen mit Freunden, Bekannten und der Familie selbst die Ärmel hoch, machten fast alle Bauarbeiten allein. Die Terrasse soll noch in diesem Jahr fertiggestellt werden, ebenso sind noch kleinere Maßnahmen wie Blumenpflanzungen geplant.
Wenn das alles geschafft ist, steht das nächste Projekt an. Ein Kulturelles, wie der Sohländer verrät. Matthias Mersiovsky knüpfte dafür schon vorsorglich erste Kontakte. Sein Traum ist, die napoleonische Schlacht als öffentliche Aufführung nachzustellen und daraus ein großes Fest zu gestalten. Die Geschichte rund um die „Kanone“ und den Kanonenbusch hängt eng mit Napoleon zusammen. Im Mai 1813 tobte in dem Gebiet eine erbitterte Schlacht. Der Kampf war ein erfolgreiches Rückzugsgefecht russischer Truppen gegen Napoleon, bei dem die Orte Reichenbach und Markersdorf eine wichtige Rolle spielten. Der Kanonenbusch soll deshalb so heißen, weil in dem Wald an der heutigen B 6 zahlreiche Kanonen aufgebaut wurden. Historische Gefechtsdarstellungen ziehen oft ein großes Publikum an. Ähnliche Überlegungen hegte auch schon der erste Leiter des Dorfmuseums Markersdorf vor Jahrzehnten, da gab es auch schon kleinere Darstellungen. Und auch der Besitzer des Holtendorfer Hotels „Marschall Duroc“ knüpft gern an die Napoleon-Zeiten an. Mersiovskys haben mit Laiendarstellern aus Polen, Tschechien, Österreich und Deutschland bereits Verbindungen aufgenommen, um in Zukunft auf ihrem Areal eine solche internationale Veranstaltung durchzuführen. Die Planung dafür dauere jedoch, sodass die Unternehmer noch kein festes Datum nennen können.
Text: Sachsengast
Foto: Foto: Mersiovsky