Eine Ausstellung im Albertinum zeigt bis zum 19. November 2023 erstmals in Dresden eine Auswahl der übermalten Fotografien von Gerhard Richter. 36 der ausgewählten Werke stammen aus dem Bestand der 2019 vom Künstler gegründeten Gerhard Richter Kunststiftung, 36 weitere Arbeiten sind Leihgaben aus Privatsammlungen.
Gerhard Richters Werk der vergangenen sechs Jahrzehnte ist geprägt von dem Dialog und der Konfrontation gegenständlicher und abstrakter Bildstrategien. In keiner anderen Werkgruppe des Künstlers gehen beide Stile eine ähnliche Symbiose ein wie in den kleinformatigen übermalten Fotografien. Der Künstler hat diese Arbeiten 1986 begonnen. Alle ausgestellten Formate sind ungewöhnlich klein, jeweils um 10 × 15 cm.
1991 äußerte sich Gerhard Richter zum Entstehen dieser Arbeiten:
„Die Fotografie hat fast keine Realität, ist fast nur Bild. Und die Malerei hat immer Realität, die Farbe kann man anfassen, sie hat Präsenz; sie ergibt aber immer ein Bild – egal, wie gut oder schlecht. Theorie, die nichts bringt. Ich habe kleine Fotos gemacht, die ich mit Farbe beschmierte. Da ist etwas von dieser Problematik zusammengekommen, und das ist ganz gut, besser als das, was ich darüber sagen könnte.“
Als Bildgrundlage verwendet er gewöhnliche, meist selbst aufgenommene Fotos, die er in einem gängigen Fotolabor entwickeln lässt. Den Aufnahmen fehlt jedweder künstlerische Charakter. Es sind geknipste Motive von Familienfesten und -ausflügen, Personen, Landschaften oder Architekturen, darunter auch eine Ansicht aus Dresden.
Die übermalten Fotografien sind auf das Engste mit seinem malerischen Werk verbunden. Nach der täglichen Arbeit an den großen Gemälden im Atelier hat Richter die Fotos durch die noch feuchten Farbreste auf der Rakel gezogen. Dabei wird das Ergebnis dieser Aktion stark vom Zufall mitbestimmt und überraschende neue Realitäten entstehen. Mit dem erklärten Ende seines malerischen Werkes 2017 hat Gerhard Richter auch die Arbeit an den übermalten Fotografien abgeschlossen.
Fotos: Sachsengast; Jindrich Nosek